Klagen: Zinsen

gegen das Jobcenter Märkischer Kreis


Thema: Zinsen

SGB I § 44




Mir ist keine Klage bekannt bei der das Jobcenter Märkischer Kreis gesetzeskonform, von Amtswegen und freiwillig die geschuldeten Nachzahlungen nach § 44 SGB I verzinst hat.
Allerdings zeigt sich in ersten Recherchen, dass das Jobcenter Märkischer Kreis selbst auf Erinnerungsschreiben erfolgreicher Kläger abweisend reagiert und die Nachzahlungen verweigert.


       

Kurze Inhaltsübersicht:


1.    Kurze Einleitung
2.    Gesetzliche Grundlage
3.    Chronologie einer Recherche
4.    Urteile zum Thema
5.    Infos zum Thema
6.    Presseberichte zum Thema
7.    Foreneinträge zum Thema
8.      Tabelle I. - Konkrete Zins-Nachforderungen
9.      Tabelle II. - Beispiele von unterlassenen Leistungsgewährungen
10.   Tabelle III. - Beispiele von eingeforderten Zins-Nachleistungen




        Kurze Einleitung

Zinsen § 44 SGB I

Am 03.04.2020 fand ich einen Hinweis auf das Anrecht auf Zinsen in Höhe von 4 % bei verzögerter Leistungsgewährung durch das Jobcenter. Von verzögerter Leistungsgewährung ist wohl immer dann auszugehen, wenn Leistungen erst aufgrund erfolgreicher Klagen nachgezahlt werden.
Das war für mich echt peinlich nach zehn Jahren aufRECHT e.V.. Aber es war auch ein Start für Recherchen.
Aus den Beispielklagen wählte ich zu Beginn 16 Klagen von 10 verschiedenen Personen aus.

Die angefügte Tabelle zeigt beispielhaft um welche Summen aus dem ohnehin gekürzten Existenzminimum Leistungsberechtigte klagen müssen und auch die Länge der jeweiligen Verfahrensdauern. Jede einzelne dieser Klagen hätte automatisch durch das Jobcenter Märkischer Kreis mit 4 % verzinst werden müssen.

Aber die "Rechtstelle des Jobcenters" beugt das Recht regelmäßig und unterwirft sich vermutlich hausinternen Weisungen? Den gesetzlichen Vorgaben des § 44 SGB I folgen die Mitarbeiter der Widerspruchstelle und die Leistungssachbearbeiter jedenfalls nicht! So musste festgestellt werden, dass auch nach erfolgreich gewonnenen Prozessen nicht einmal die Auszahlungen zeitnah nach dem Urteil (mit jahrelanger Verspätung der Verfahrensdauer!) erstattet wurden. Mehrmals mussten die Kläger die Auszahlungen anmahnen, einige Male erfolgte die Zahlung erst nachdem beim Sozialgericht ein "Pfändungsbeschluss" angefordert war. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Manche Kläger nie ihre erstrittenen Leistungen erhalten haben, weil nur sehr selten die Zahlungseingänge an den Anwalt zurückgemeldet werden.
Verzinsung erfolgte meiner Kenntnis nach nie automatisch. Das muss sich ändern.

Das BSG hat den Anspruch auf Verzinsung von Nachzahlungsbeträgen gem. § 44 SGB I bestätigt und dazu ausgeführt:
"Nach § 44 SGB I sind Ansprüche auf Geldleistungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen."
BSG, B 8 SO 15/19 R 03.07.2020 RN 10





         Gesetzliche Grundlage



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§ 44 SGB I Verzinsung

(1) Ansprüche auf Geldleistungen sind nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen.

(2) Die Verzinsung beginnt frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leistungsträger, beim Fehlen eines Antrags nach Ablauf eines Kalendermonats nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Leistung.

(3) 1Verzinst werden volle Euro-Beträge.
2Dabei ist der Kalendermonat mit dreißig Tagen zugrunde zu legen.

Die Zinspflicht gleicht die Nachteile aus, die bei verspätetet gezahlten existenzsichernden Sozialleistungen entstehen.





§ 45 SGB I Verjährung (von Sozialleistungen, nicht Zinsen ! ! !)

(1) Ansprüche auf Sozialleistungen verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie entstanden sind.

(2) Für die Hemmung, die Unterbrechung und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß.

(3) Die Verjährung wird auch durch schriftlichen Antrag auf die Sozialleistung und durch Erhebung eines Widerspruchs unterbrochen. Diese Unterbrechungen enden jeweils mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag und den Widerspruch.



"Danach kann der Leistungsträger nach Ablauf der Verjährungsfrist die Leistung verweigern, aber auch den Anspruch noch erfüllen, wenn er in pflichtgemäßer Ausübung seines Ermessens davon absieht, sich auf den Zeitablauf zu berufen. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn der Leistungsberechtigte glaubhaft macht, daß er vom Vorliegen der Voraussetzungen des Anspruchs keine Kenntnis hatte."
Gesetzentwurf 7/868 (S. 30)








         Chronologie einer Recherche



03.04.2020     Beginn der Recherche
Am 03.04.2020 fand ich im Elo-Forum einen Hinweis auf das Anrecht auf Zinsen in Höhe von 4 % bei verzögerter Leistungsgewährung durch das Jobcenter.


11.04.2020     Als Testlauf wurden in mehreren Verfahren die Nachleistung von Zinsen angemahnt.
Durch rechts- und verfassungswidrige Sanktionen warem dem Leistungsberechtigten
5283,87 € seines Existenzminimums vorenthalten worden.
Aber nur 4274,67 € wurden nach Jahren durch mehrere Klagen erstattet.
Die von Gesetzeswegen zustehenden Zinsen wurden verschwiegen und vorenthalten.


28.04.2020     Ablehnungsbescheid
Frau B. (Widerspruchstelle) behauptet:
"Am 12.10.2015 wurden die Leistungen aus dem Vergleich an Sie zur Nachzahlung angewiesen, ein Anspruch auf Verzinsung nach § 44 SGB I ergibt sich daher nicht."
Diese Behauptung ist falsch.


03.05.2020     Mit vier Untaetigkeitsklagen Zinsen eingefordert
(Sozialgericht Dortmund S 14 AS 2011/20; S 14 AS 2012/20; S 14 AS 1980/20; S 14 AS 1981/20)
Die Forderungen betreffen vier Sanktionen aus den Jahren 2012 & 2013. Alle waren rechtswidrig, und nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht zu Sanktionen waren drei zudem verfassungswidrig.


10.06.2020    
Herr O. (Leistungssachbearbeiter) behauptet:
"Sie haben die Verzinsung von Geldleistungen für das Verfahren S 58 A5 2496/13 beantragt.
Ihrem Antrag habe ich entsprochen, Sie haben Anspruch auf Zinsen in Höhe von 140,40 Euro. Dieser Betrag wird in Kürze angewiesen.
Meine Entscheidung beruht auf § 44 SGB I"

Diese Behauptung ist falsch.
- Die Zinsen wurden angemahnt. Der Gesetzgeber hat die Verzinsung vorgeschrieben. Ein Antrag war nie erforderlich.
- Er hatte auch nichts zu "entscheiden", es war lediglich die Anspruchshöhe zu berechnen und anzuweisen.


03.07.2020     BSG, B 8 SO 15/19 R - Das BSG liefert Klarstellungen u.a. zur Verzinsungsdauer.
"Die Klägerin hat Anspruch auf Verzinsung des Nachzahlungsbetrags. Nach § 44 SGB I sind Ansprüche auf Geldleistungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen."

Wann die Verwaltung tätig wird, ist nicht entscheidend (vgl BT-Drucks 7/868 S 29), sondern nur, wann die im Gesetz bestimmten materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzung vorliegen


09.07.2020    
Frau B. (Widerspruchstelle) behauptet:
"Nach § 44 SGB I sind Ansprüche auf einmalige und laufende Geldleistungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit 4 v. H. von Amts wegen zu verzinsen, sofern alle Voraussetzungen hierfür vorliegen.
Demnach ist der angegriffene Bescheid rechtmäßig"

Diese Behauptung ist falsch.
Die Allegro-Eingabemaske zur Verzinsung zeigt deutlich, dass das Jobcenter zwischen "Anspruchsmonat" und "möglicher Beginn der Verzinsung" die Ansprüche um 6 Monate verkürzt anstatt nur um 1 Monat. Damit werden bei allen Berechnungen weiterhin 5 Zinsmonate unterschlagen.






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Tabelle I. - Konkrete Zins-Nachforderungen

Die Summe der in den ersten 24 Klagen erstrittenen Leistungen liegt bei 21.743,28 €.
Die auf dem Weg von Untätigkeitsklagen nachgeforderten Zinsen liegt bei derzeit 623,73 €.
Weitere Klagen sind noch anhängig. (Stand: 20.07.2022)

Am 25.05.2022 entschied das LSG NRW zugunsten der Klägerin in dem Verfahren L 12 AS 1872/21
und verpflichtete das Jobcenter Märkischer Kreis zur Neubescheidung.
Die Eingabe der Verjährung wurde nicht zugelassen. Seitdem wurden weitere Klagen provoziert (21.01.2024). Der Rechtsanspruch auf die Verzinsung besteht seit dem 31.03.2014.


beteiligte Richter/innen (Kammern) an der Zinsklagen:
Richterin Dr. Brünnen (92); Richterin Dörnert (32); Richter Felten-Sprenger (56); Richterin Reif (14);
Richterin Singh (87), Richter Stinder (92),
LSG NRW (L 2): Richterin Lente-Poertgen, Richterin Lehrmann-Wahl, Richterin Dr. Bergman (PKH)
LSG NRW (L 12): Richterin Klempt; Richterin Aghte; Richterin Schell; Richterin Dr. Kühn; Richter Ortac
SG Köln, Richterin Dr. Wardemann (3)

Ausnahmslos jedem Antrag auf Verjährung von Zins-Klagen geht Sozialbetrug durch Unterlassen voraus.

Nr.
Klage
von - bis
Summe
Monate
Urteil
Zinsen
Widerspruch
Zahlung
Aktenzeichen,neu
   
001
01.10.12-30.12.12
1698,60€
29
25.09.2015
169,80€
Untätigkeitsklage
erfolgreich
09.07.2020
S 14 AS 1980/20
KB
002
Klage039
01.01.13-31.03.13
1566,87€
29
09.07.2020
140,40€
Untätigkeitsklage
erfolgreich
09.07.2020
S 14 AS 1981/20
KB
003
01.09.12-30.11.12
672,90€
32
11.09.2015
33,00€
Untätigkeitsklage
erfolgreich
10.06.2020
S 14 AS 2011/20
KB
004
Klage044
01.07.12-30.09.12
336,30€
32
11.09.2015
17,92€
Untätigkeitsklage
erfolgreich
10.06.2020
S 14 AS 2012/20
KB
005
01.11.09-22.08.13
100,00€
47
22.08.2013
12,90 €
Untätigkeitsklage
erfolgreich
2023 ???
S 3 AS 3276/20
DW
006
10.07.05-09.02.15
1551,82€
120
31.03.2014
Untätigkeitsklage
-
S 87 AS 3425/20;
L 12 AS 1872/21
TW
006
10.07.05-09.02.15
1551,82€
120
25.05.2022
??? €
Untätigkeitsklage
erfolgreich
-
L 12 AS 1872/21
TW
007
01.03.14-22.02.17
692,50€
28
11.09.2015
59,97€
Untätigkeitsklage
erfolgreich
10.08.2021
S 32 AS 440/21
HJK
008
03.09.07-20.07.15
900,00€
85
30.04.2015
Untätigkeitsklage
-
S 35 AS 3426/20
UW
009
30.09.10-28.02.14
323,10€
32
11.09.2015
Untätigkeitsklage
-
S 35 AS 3420/20
UW
010
29.09.16-13.03.20
532,21€
32
11.09.2015
erst abgelehnt
10.06.2020
S 14 AS 2012/20
MRH
011
21.08.13-21.01.15
300,00€
12
05.02.2015
Untätigkeitsklage
-
S 56 AS 3463/20
MRH
012
01.06.10-30.11.12
1862,40€
30
05.02.2015
Untätigkeitsklage
-
S 92 AS 5446/20;
S 32 AS 2083/21
RJR
013
04.12.13-14.08.17
518,81€
39
14.08.2017
69,17€
  04.11.2020
S 60 AS 1460/14
BSJ
014
08.11.12-15.07.15
103,40€
34
30.04.2015
Untätigkeitsklage
-
S 30 AS 986/13
UW
015
01.02.15-19.04.17
3572,30€
11
19.04.2017
?
-
S 19 AS 1526/21
LB
016
18.03.14-13.03.18
286,23€
?
13.03.2018
37,29€
?
-
S 56 AS 1034/14
KB
017
01.12.12-03.03.17
114,60€
?
01.09.2017
?
-
S 58 AS 1122/14
KB
018
01.12.13-10.03.17
424,50€
31
10.03.2017
19,74€
Untätigkeitsklage
erfolgreich
22.07.2020
S 58 AS 1124/14
 
019
29.11.13-12.05.16
654,00€
?
2015
?
-
S 60 AS 1460/14
BSJ
020
30.09.10-28.02.14
323,10€
?
2015
?
-
S 28 AS 614/11
UW
021
01.11.15-30.04.16
1173,94€
19
2017
Erinnerung ignoriert
-
Zinsen verweigert,
Kläger kapituliert
OEM
022
01.08.18-09.08.19
3479,65€
13
2015
Erinnerung ignoriert
-
W 1941/19
ID
023
01.04.17-06.12.17
184,05 €
27
2015
Untätigkeitsklage
-
S 38 AS 5283/17
MH
024
06.11.17-08.04.19
372,00€
30
2015
Untätigkeitsklage
-
S 38 AS 1268/17
MH
025
01.01.19-20.05.20
374,40 €
20
2019
Zinsen verweigert,
Kläger kapituliert
-
PA
026
01.10.2018-31.08.2023
3728,52 €
?
2023
325,20 €
mehrere Zinsklagen
2023
S 87 AS 1741/20 u.a.
 


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Tabelle II. - Beispiele von unterlassenen Leistungsgewährungen

Nr.
Klage
Aktenzeichen
Urteil
von - bis
Summe
Monate
Zinsen
Widerspruch
001
S 27 AS 420/05 ER
22.05.2006
25.04.05-18.05.06
103,50 €
?
-
002
S 27 AS 439/05
07.12.2006
07.07.05-07.12.06
133,50 €
?
-
003
S 28 AS 308/09
20.09.2011
31.03.09-20.09.11
230,69 €
?
-
011
W 404/13
13.02.2015
10.11.11-07.05.13
552,00 €
23
0 €
KDU vorenthalten
018
S 27 AS 319/09
13.02.2015
01.11.09-11.02.10
1605,00 €
0
0 €
100%-Sanktion
022
S 10 AS 1467/10 ER
13.03.2010
01.02.09-30.04.09
1022,00 €
0
0 €
100%-Sanktion
023
S 28 AS 2887/10 ER
05.07.2010
01.07.13-30.09.10
1569,90 €
0
0 €
100%-Sanktion
024
S 10 AS 2755/10 ER
30.07.2010
01.07.10-30.09.10
?,00 €
0
0 €
100%-Sanktion
025
S 60 AS 1737/15 ER
01.06.2015
15.12.15-01.06.16
1041,00 €
0
0 €
100%-Sanktion
026
S 33 AS 3869/10 ER
20.09.2011
15.12.10-20.09.11
0
0 €
100%-Sanktion
027
S 23 AL 809/17 BA
12.03-2012
29.09.16-13.03.20
532,21 €
?
?
042
S 56 AS 987/12
12.03-2012
01.01.10-31.03.12
648,00 €
?
?


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Tabelle III. - Beispiele von gezahlten Zins-Nachleistungen (mit der Klage bereits eingefordert)


Nr.
Klage
Aktenzeichen
Urteil
von - bis
Summe
Monate
Zinsen
Widerspruch
001
S 60 AS 3854/13
S 60 AS 3854/13
21.05.2013-04.05.2016
343,80 €
35
35,52 €
30%-Sanktion






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