Chronologie
23.11.2022
Vorläufige Einstellung der Zahlung von Leistungen
06.12.2022 Erstkontakt
06.12.2022
Vorläufige Einstellung der Zahlung von Leistungen vom 23.11.2022
"inzwischen wurden alle angeforderten Unterlagen eingereicht. Damit ist die Mitwirkungspflicht erfüllt und die ausstehenden Leistungen sind auszukehren.
In Ihrem Einstellungsbescheid wird nicht ersichtlich, ob die Miete pünktlich ausgekehrt worden? Hierzu bitte ich um Auskunft und Übersenden der Überweisungsdaten.
Außerdem bitte ich um Bestätigung, dass die Miete in voller Höhe übernommen wird."
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07.12.2022
Aufhebung des Bescheides vom 10.05.2022
"Aufhebung des Bescheides vom 10.05.2022 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 19.05.2022 und 23.09.2022
die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten
Buch Sozialgesetzbuch - SGB II wird ab 01.12.2022 ganz aufgehoben.
Grund für die Aufhebung der Entscheidung:
Rente wegen Alters oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art.
Leistungen nach dem SGB II erhält nicht, wer eine Rente wegen Alters, Knappschaftsausgleichsleistungen oder
ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht.
Nach den Vorhandenen Unterlagen und Ihrer schriftlichen Stellungnahme zu urteilen beziehen Sie bereits polnische
Altersrente. Seit wann dies so ist bleibt noch zu klären. Doch da Personen mit Altersrenten keine Leistungen
nach dem SGB II beziehen können, sind die Leistungen aufzuheben. Bitte wenden Sie sich an die Stadt Iserlohn, um Grundsicherung zu beantragen.
Diese Entscheidung beruht auf § 40 Absatz 1 und 2 SGB II upd § 330 Absatz 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch
(SGB III) in Verbindung mit § 48 Absatz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) und § 7 Absatz 4
SGB II.
In der Zeit, in der Sie keine Leistungen beziehen, sind Sie durch den zuständigen Leistungsträger für den Fall der
Krankheit nicht versichert. Um Nachteile zu vermeiden, erkundigen Sie sich bitte bei Ihrer Krankenkasse über
Ansprüche und Rechte (zum Beispiel auf freiwillige Weiterversicherung) während dieser Zeit sowie über Rechte
uhd Pflichten, die Sie gegebenenfalls während eines Widerspruchs- oder Sozialgerichtsverfahrens haben."
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12.12.2022
Widerspruch gegen die vorläufige Einstellung der Zahlungen
13.12.2022
22.12.2022
Widerspruchsbescheid W 2123/22
"wegen Aufforderung zur Mitwirkung
Der Widersoruch ist unzulässig."
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22.12.2022
GruSi-Antrag
27.12.2022
erhalten
Widerspruchsbescheid W 2123_22
09.01.2023
Zahlungserinnerung Vonovia
"Zahlungsaufforderung
Bitte überweisen Sie den Betrag in Höhe von 478,81 € bis zum 17.01.2023. Unsere
Kontoverbindung lautet: DE97 5501 0400 0559 8944 68.
Auch wenn Ihre Miete von einer staatlichen oder kommunalen Einrichtung
übernommen wird, sind Sie unser Vertragspartner. Das bedeutet, dass Sie die Folgen
zu tragen haben, falls der Rückstand nicht ausgeglichen und die Miete nicht in voller
Höhe gezahlt wird. Aus diesem Grund empfehlen wir Ihnen, die Angelegenheit
möglichst schnell zu klären."
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12.01.2023
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung S 85 AS 77/23 ER
"Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
wegen:
der vorläufigen Einstellung der Zahlung von Leistungen vom 23.11.2022
Verweigerung der Übernahme der Mietrückstände zur Abwendung der
Räumungsklage und zum Erhalt der Wohnung;
Begründung:
Der Antrag ist berechtigt. Der beigefügte Änderungsbescheid vom 23.09.2022
weist einen Leistungsanspruch in Höhe von 935,64 € ab Dezember aus.
Die ersatzlose Leistungseinstellung bedroht die Existenz der Antragstellerin
rechtsgrundlos. Außerdem ist die Miete im Rückstand. Ein weiterer Mietrückstand
berechtigt die Vonovia zur Kündigung der Wohnung.
Mit der vorläufigen Einstellung der Zahlung von Leistungen vollstreckte der
Antragsgegner quasi eine „100%-Sanktion“. Auf die geleistete Mitwirkung erfolgte
am 07.12.2022 die vollständige Aufhebung des Bescheides.
„Grund für die Aufhebung der Entscheidung:
Rente wegen Alters oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art.
Die Antragstellerin ist auf eine Eilentscheidung des Gerichts angewiesen. Ein
Abwarten in der Sache ist aufgrund von nicht übersehbaren Folgeschäden
unzumutbar.
Bereits am 12.05.2005 hatte das
Bundesverfassungsgericht, 1 BVR 569/05 über eine Verfassungsbeschwerde wegen der Versagung von Leistungen der
Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Sozialhilfe zu entscheiden.
„Der elementare Lebensbedarf eines Menschen kann grundsätzlich nur in dem Augenblick befriedigt werden, in dem er entsteht. Dieses
"Gegenwärtigkeitsprinzip" ist als Teil des Bedarfsdeckungsgrundsatzes für die Sozialhilfe allgemein anerkannt.
Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht.
Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern."
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13.01.2023
Eingangsbestätigung: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung S 85 AS 77/23 ER
"der Antrag vom 12.01.2023 ist hier am 12.01.2023 eingegangen.
Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen S 85 AS 77/23 ER geführt.
Dieses Aktenzeichen ist bei allen Eingaben anzugeben. Teilen Sie bitte
Anschriftenänderungen sofort mit und übersenden Sie alle Schriftsätze sowie
nach Möglichkeit auch beigefügte Unterlagen 2-fach. Falls Mehrausfertigungen
und Anlagen nachgereicht werden sollen, ist dies kenntlich zu
machen. Werden die erforderlichen Ablichtungen nicht eingereicht, können
die Kosten für deren Anfertigung eingezogen werden.
Liegt bereits eine Entscheidung der Stadt Iserlohn über den Antrag auf Grundsicherungsleistungen vor?"
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16.01.2023
17.01.2023
18.01.2023
Ultimatum Vonovia
"1. Mahnung
Hauptforderung 478,81 €
Mahngebühr 2,50 €
Summe 481,31 €
Bitte überweisen Sie den Betrag in Höhe von 481,31 € bis zum 26.01.2023.
"
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22.01.2023
SG Do, S 85 AS 77/23 ER; Rückmeldung Vonovia S 85 AS 77/23 ER
25.01.2023 SG Do, S 85 AS 77/23 ER S 85 AS 77/23 ER
26.01.2023 Fax an Vonovia
02.02.2023
03.02.2023
06.06.2023 Widerspruch um Klage nach Bescheiderteilung
21.06.2023 Aufhebungs- und Erstattungsbescheid (polnische Rente)
19.05.2023
Anhörung zu Überzahlungen
23.06.2023
Widerspruch zu dem Bescheid zur Aufhebung, Erstattung
und Zahlungsaufforderung vom 13.06.2023
"hiermit lege ich form- und fristwahrend Widerspruch gegen den Bescheid zur Aufhebung, Erstattung und Zahlungsaufforderung vom 13.06.2023 ein.
Die Meldung über meine Rentenbewilligung hatte ich Ihnen zur Kenntnis gegeben. Über die rechtlichen Auswirkungen wurde ich jedoch nicht belehrt. (§§ 13-17 SGB I).
Mit Ihrem Bescheid fordern sie sämtliche Existenzsichernden Leistungen in voller Höhe von mir zurück. Sozialrechtlich ist dies bedenklich. Bisher habe ich über Jahre
auf die Richtigkeit Ihrer Bescheide vertraut, geforderte Nachweise und Kontoauszüge wurden anstandslos vorgelegt und sämtliche Fragen bestmöglich beantwortet.
Ein Zuständigkeitswechsel vom SGB II zum SGB XII wurde nicht bekanntgegeben.
Beratungsbedarf
Der Karlsruher Bundesgerichtshof hat mit
Urteil vom 2. August 2018 – III ZR 466/16 hohe Anforderungen an die Beratungspflicht der Sozialhilfeträger gestellt und festgestellt:
„Im Sozialrecht bestehen für die Sozialleistungsträger besondere Beratungs- und Betreuungspflichten. Eine umfassende Beratung des Versicherten ist die Grundlage
für das Funktionieren des immer komplizierter werdenden sozialen Leistungssystems. Im Vordergrund steht dabei nicht mehr nur die Beantwortung von Fragen oder Bitten um Beratung,
sondern die verständnisvolle Förderung des Versicherten, das heißt die aufmerksame Prüfung durch den Sachbearbeiter, ob Anlass besteht, den Versicherten auch von Amts wegen
auf Gestaltungsmöglichkeiten oder Nachteile hinzuweisen, die sich mit seinem Anliegen verbinden; denn schon gezielte Fragen setzen Sachkunde voraus,
über die der Versicherte oft nicht verfügt. Die Kompliziertheit des Sozialrechts liegt gerade in der Verzahnung seiner Sicherungsformen bei den verschiedenen versicherten Risiken,
aber auch in der Verknüpfung mit anderen Sicherungssystemen. Die Beratungspflicht ist deshalb nicht auf die Normen beschränkt, die der betreffende hat“
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18.07.2023
Abhin
"hat die 85. Kammer des Sozialgerichts Dortmund am 18.07.2023 durch den Vorsitzenden,
Richter am Sozialgericht Felten-Sprenger, für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind nicht zu erstatten.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die Klägerin bezog zunächst laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
nach dem SGB II von dem Beklagten. Der Beklagte hatte mit Bescheid vom 23.09.2022
die Leistungen für November 2022 bis Mai 2023 bewilligt. Er forderte die Klägerin mit
Schreiben vom 07.12.2022 zur Mitwirkung auf. Sie habe angegeben, dass sie eine polnische
Altersrente beziehe. Sie werde aufgefordert, die Rentenzahlungen im November
2022 und vor August 2022 nachzuweisen. Zugleich hob der Beklagte die laufenden SGB
II~Leistungen ab Dezember 2,022 auf (Bescheid vom 07.12.2022).
Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 12.12.2022 Widerspruch. In dem Widerspruchsschreiben
nannte sie im Betreff sowohl die Aufhebung des Bewilligungsbescheides als
auch die Aufforderung zur Mitwirkung vom 01..12.2022. Bei einer vollständigen Leistungsentziehung
sei sicher zu stellen, dass ein anderer Leistungsträger die Zahlung des Exis-
, tenzminimums übernommen habe. Der Beklagte sei zur Weiterleistung verpflichtet, damit
alle erforderlichen Verbindlichkeiten wie Miete, Heizung und Stromversorgung sichergestellt
blieben.
Der Beklagte verwarf den Widerspruch gegen die Aufforderung zur Mitwirkung als unzulässig
(Widerspruchsbescheid vom 22.12.2022). Die Aufforderung zur Mitwirkung stelle
keinen Verwaltungsakt dar.
,
Die Klägerin hat am 25.01.2023 Klage erhoben. Sie hat die Klage nicht näher begründet.
Sie beantragt schriftsätzlich,
den Bescheid des Beklagten vom 07.12.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 22.12.2022 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr die nach
den gesetzlichen Bestimmungen des SGB 11 zustehenden Leistungen zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist auf seine AusfOhrungen im Widerspruchsbescheid.
Die Stadt Iserlohn hat der Klägerin mit' Bescheid vom 07.02.2023 ab. dem ,12.12.2022
Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) bewilligt.
Das Gericht hat mit Schreiben vom 13.06.2023 mitgeteilt, dass' es beabsichtige, den
Rechtsstreit per Gerichtsbescheid zu entscheiden. Der Klägerin ist eine Frist zur Stellungnahme
innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eingeräumt worden.
Das Schreiben ist der Klägerin am 20.06.2023 zugestellt worden. Dem Beklagten ist
das Schreiben zur Kenntnisnahme Obersandt worden.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte
und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen~
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann gemäß § 105 Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mOndliche'
Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da der Rechtsstreit keine besonderen
Schwierigkeiten tatsächlicher oder rech~licher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und
die Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten haben.
Die Klage hat keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig, aber unbegrOndet. Der Beklagte hat
den Widerspruch der Klägerin gegen die Aufforderung zur Mitwirkung zu Recht als unzulässig
verworfen.
Der Widerspruch der Klägerin ist nicht statthaft gewesen. Statthaft ist der Widerspruch
gern. §§ 78 Abs. 1 S. 1; 83 SGG dann, wenn er sich gegen einen Verwaltungsakt i.S.d. §
31 S. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) richtet. Ein Verwaltungsakt ist nach § 31 ,
S. 1 SGB X jede Verfogung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine
Behörde .zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und
die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. FOr das Merkmal der "Regelung"
ist entscheidend, ob die Behörde eine potentiell verbindliche Rechtsfolge gesetzt .
hat, d.h. ob durch sie Rechte begrOndet, geändert, aufgehoben oder verbindlich festge- .
stellt werden oder die BegrOndung, Änderung, Aufhebung oder verbindliche Feststellung'
solcher Rechte mit Außenwirkung abgelehnt wird (vgl. nur BSG, Urteil vom 21.05.1996,
Az. 12 RK 67/94, Rn. 21).
Die Aufforderung zur Mitwirkung vom 07.12.2022 stellt keinen Verwaltungsakt in diesem
Sinne dar, denn eine verbindliche Rechtsfolge wird damit noch nicht gesetzt. Das Gericht
verweist auf die folgenden Ausführungen des Landessozialgerichts NRW, denen es sich
vollumfänglich anschließt:
"Die angefochtene Aufforderung zur Mitwirkung beinhaltet keine Regelung im vorgenannten
Sinne, denn der Beklagte kann den Kläger nicht dazu verpflichten, die Mitwirkung
zu leisten, er kann ihn nur dazu auffordern. Durch die Aufforderung wird jedoch noch nicht
in Rechte des Betroffenen unmittelbar eingegriffen. Wird der Aufforderung nicht entsprochen,
muss der Beklagte in einem weiteren Schritt des Verwaltungsverfahrens prüfen, ob
dies eine Verletzung von Mitwirkungspflichten darstellt, die gegebenenfalls dazu berechtigt,
Leistungen zu versagen oder zu entziehen. Erst die Versagung oder der Entzug der
Leistung erfolgt durch Verwaltungsakt und kann mittels Widerspruchs angefochten werden
(vergleiche Mutschier in Kasseler Kommentar, Stand: September 2018, § 31 SGB X
Rn. 16, 20; Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 05.06.2015, L 4 AS
242/15 B ER zur Rn. 17 bei juris). Effektive Rechtsschutzmöglichkeiten sind damit auch
dann vorhanden, wenn nicht bereits eine ''Aufforderung zur Mitwirkung" einer rechtlichen
Oberprüfung im Widerspruchs- oder Klageverfahren mittels Anfechtungsklage unterzogen
werden .kann. 11
(Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. September 2020 -
L 2 AS 1033/20 -, Rn. 22; vgl. auch ebenso Hessisches Landess'oz~algericht, Beschluss
vom 19. März 2021 - L 6 AS 433/17 -, Rn. 58).
Da der Beklagte mit dem Mitwirkungsschreiben selbst auch nicht über den Leistungsanspruch
der Klägerin entschieden hat, kann das Begehr der Klägerin mit dieser Klage
(Weitergewährung der Leistungen) auch nicht erreicht werden. Über den Widerspruch der
Klägerin gegen die Aufhebung der Leistungen ab Dezember 2022 hat der Beklagte mit
dem hier streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid nicht entschieden. Der Widerspruchsbescheid
bezieht sich alleine auf die Aufforderung zur Mitwirkung.
Die Entscheidung über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Klägerin beruht
auf § 193 SGG und trägt dem Unterliegen der Klägerin Rechnung.
Die Berufung ist nicht zulässig, denn der Gegenstand der Beschwer liegt unter 750 €, §§
143; 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG. Nachdem die Stadt Iserlohn der Klägerin ab dem
12.12.2022 SGB XII-Leistungen gewährt hat, geht das Gericht davon aus, dass die Klage
sich alleine auf die Gewährung von Leistungen für den Zeitraum 01.12.2022 bis
11.12.2022 bezieht. Gründe die Berufung zuzulassen (§ 144 Abs. 2 SGG) liegen' nicht
vor.
Rechtsmittelb,elehrung:"
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12.03.2024
Widerspruchsbescheid W 1065/23
"Aufhebung bzw. Rücknahme, Erstattung und Zahlungsaufforderung für die Zeit 01.12.2021 bis zum 30.11.2022
Begründung
Mit Bescheid vom 23.04.2021 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 15.07.2021,
19.10.2021, 27.11.2021 und vom 10.05.2022 wurden der Widerspruchsführerin Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts u.a. vom 01.12.2021 bis zum 31.05.2022 bewilligt. Darüber
hinaus wurden ihr mit dem Bescheid vom 10.05.2022 in der Fassung der Änderungsbescheide
vom 19.05.2022 und vom 23.09.2022 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
für die Zeit vom 01.06.2022 bis zum 30.11.2022 bewilligt. Mit dem Bescheid vom
23.07.2022 wurde der Widerspruchsführerin eine Einmalzahlung aus Anlass der COVID-19-
Pandemie bewilligt. Auf den Inhalt der aufgeführten Bescheide wird Bezug genommen.
Diese Entscheidungen wurden mit Bescheid vom 13.06.2023 für die Zeit vom 01.12.2021 bis
zum 31.12.2021 teilweise und für die Zeit vom 01.01.2022 bis zum 31.05.2022 ganz aufgehoben.
Für die Zeit vom 01.06.2022 bis zum 30.11.2022 wurde die Entscheidung ganz zurückgenommen.
Es wurden Leistungen sowie Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge
von insgesamt 11.727,00 Euro von der Widerspruchsführerin erstattet verlangt.
Hiergegen richtet sich der Widerspruch. Die Widerspruchsführerin trägt im Wesentlichen vor,
dass sie die Rentenbewilligung dem Jobcenter Märkischer Kreis zur Kenntnis gegeben habe.
Der Widerspruch ist zulässig, sachlich jedoch nicht begründet.
Die Rechtsbehelfsstelle des Jobcenters Märkischer Kreis hat den angefochtenen Aufhebungs-
bzw. Rücknahme und Erstattungsbescheid vom 13.06.2023 sorgfältig überprüft. Anhaltspunkte
für den Erlass einer rechtswidrigen Entscheidung sind weder genannt, noch ergeben
sich solche aus der Leistungsakte. Der Bescheid entspricht den gesetzlichen Bestimmungen.
Der Widerspruchsführerin wurde mit Bescheid des polnischen Rententrägers vom
19.10.2021 eine Altersrente ab dem 01.09.2021 bewilligt. Die Rente wurde nachweislich
erstmalig am 08.12.2021 ausgezahlt. Die Mitteilung über den Rentenbezug ist erst am
19.10.2022 nach schriftlicher Aufforderung von der Widerspruchsführerin beim Jobcenter
Märkischer Kreis eingereicht worden.
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes
mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der
Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben; § 48 Absatz 1 Satz 1 SGB X.
Ab dem 08. Dezember 2021 lag durch die erste Rentenzahlung eine Änderung in den Verhältnissen
vor. Die Widerspruchsführerin erhielt am 08.12.2021 die erste Zahlung einer ausländischen
Altersrente, weshalb ab dem Tag ein Ausschlussgrund nach § 7 Absatz 4 Satz 1
SGB II vorliegt.
Die polnische Altersrente ist von der Gesamtkonzeption vergleichbar mit der deutschen Altersrente.
Nach der Rechtsprechung des BSG vom 16.05.2012 (B 4 AS 105/11 R) liegt eine
Vergleichbarkeit dann vor, wenn die ausländischen Leistungen in ihrem Kerngehalt den typischen
Merkmalen der inländischen Leistung entsprechen, d. h. nach Motivation und Funktion
gleichwertig sind. Entscheidende Kriterien für die Vergleichbarkeit sind die Leistungsgewährung
durch einen öffentlichen Träger, das Anknüpfen der Leistung an das Erreichen einer
bestimmten Altersgrenze und der Lohnersatz nach einer im allgemeinen den Lebensunterhalt
sicherstellenden Gesamtkonzeption. Welches konkrete Lebensalter dabei die Leistungsgewährung
nach dem Recht des jeweiligen Staates auslöst, ist ebenso wenig von Bedeutung,
wie die Höhe der Leistung. Insbesondere ist unbeachtlich, ob sie auch ausreicht, um in
dem Staat des Aufenthalts (Wohnortstaat), in welchen die Leistung· exportiert wird, den Lebensunterhalt
sicher zu stellen. Soweit die ausländische Altersrente also bereits bezogen
werden kann, bevor dies im Hinblick auf das Renteneintrittsalter nach deutschem Recht
möglich wäre, ändert dies nichts an der Gleichbehandlung der Rentenleistungen. Diese Auffassung
bestätigte das BSG mit dem Urteil B 7/14AS 11/21 R vom 08.12.2022.
Gem. § 48 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt
der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch
Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen
der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist.
Grob fahrlässig in diesem Sinne handelt, wer in besonders schwerem Maße die erforderliche
Sorgfaltspflicht verletzt, wer einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt, also
nicht beachtet, was jedem einleuchten muss. Dies ist in der Regel der Fall, wenn eindeutige
Hinweise in Vordrucken, Merkblättern sowie mündliche Belehrungen nicht beachtet werden.
Nach § 60 Absatz 1 Nr. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) sind Leistungsempfänger
verpflichtet, alle Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind,
unverzüglich mitzuteilen.
Das Unterlassen oder die Verspätung einer Mitteilung erheblicher Verhältnisänderungen
stellt somit regelmäßig ein zumindest grob fahrlässiges Verhalten des Leistungsempfängers
im Umgang mit seinen leistungsrechtlichen Verpflichtungen gegenüber der Behörde dar; dies
gilt auch für Verhalten, das auf Irrtum oder auf Vergesslichkeit beruht.
Dieser Verpflichtung ist die Widerspruchsführerin nicht nachgekommen.
Gem. § 48 Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt
der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, wenn der Betroffene wusste oder nicht
wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der
sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen
oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Somit sind bei der Widerspruchsführerin die Voraussetzungen des § 48 Absatz 1 Satz 2
SGB X gegeben und die Entscheidung Ober die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II war vom 01.12.2021 bis zum 31.12.2021 teilweise und vom 01.01.2022 bis zum
31.05.2022 ganz aufzuheben.
Die Bewilligungsentscheidung vom 10. Mai 2022 für die Zeit ab dem 01.06.2022 war darüber hinaus ebenso rechtswidrig.
Gem. § 40 Absatz 1 SGB II gilt für das Verfahren nach dem SGB II das Zehnte Buch Sozialgesetzbuch
(SGB X). Die Vorschriften des Dritten Buches Sozialgesetzbuch über die Aufhebung
von Verwaltungsakten (§ 330 Absätze 2, 3 Satz 1 und 4) und die Erstattung von Beiträgen
zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absätze 1, 2 und 5) sind entsprechend
anwendbar.
Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet
oder bestätigt hat, rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur
unter Einschränkungen ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit
zurückgenommen werden; § 45 Absatz 1 SGB X.
Liegen die in § 45 Absatz 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme
eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für
die Vergangenheit zurückzunehmen, § 330 Absatz 2 SGB III.
Die Voraussetzungen des § 45 Absatz 2 Satz 3 SGB X liegen vor, soweit
1. der Begünstigte den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3. der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der
Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
Die Widerspruchsführerin hat den Tatbestand des § 45 Absatz 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X erfüllt.
Sie hat in dem Weiterbewilligungsantrag vom 05.05.2022 den Bezug von polnischer Altersrente nicht angegeben.
Grob fahrlässig im Sinne des § 45 Absatz 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X handelt, wer in besonders
schwerem Maße die erforderliche Sorgfaltspflicht verletzt, wer einfachste, ganz nahe liegende
Überlegungen nicht anstellt, also nicht beachtet, was jedem einleuchten muss. Die Widerspruchsführerin
hat zumindest grob fahrlässig gehandelt.
Die Widerspruchsführerin hat den Tatbestand des § 45 Absatz 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X erfüllt.
Sie ging während des Leistungsbezugs Beschäftigungen nach, aus den das Einkommen auf
die Leistungen angerechnet wurde. Sie hätte dadurch wissen müssen, dass Einkommen bei
der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen ist.
Grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 45 Absatz 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X liegt grundsätzlich vor,
wenn eindeutige Hinweise in Vordrucken und Merkblättern, sowie mündliche Belehrungen
nicht beachtet werden. Die Widerspruchsführerin hat zumindest grob fahrlässig gehandelt,
da sie die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes hätte erkennen müssen.
Der Verwaltungsakt war daher gegenüber der Widerspruchsführerin vom 01.01.2022 bis zum
30.11.2022 ganz zurückzunehmen.
Es handelt sich nach § 40 Absatz 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Absatz 3 SGB II um eine gebundene
Verwaltungsentscheidung, sodass für Ermessenserwägungen kein Raum besteht.
Soweit eine Entscheidung aufgehoben bzw. zurückgenommen worden ist, sind bereits erbrachte
Leistungen gemäß § 50 Absatz 1 SGB X i.V.m. § 40 Absatz 2 SGB II zu erstatten.
In der von der Aufhebung bzw. Rücknahme betroffenen Zeit wurde Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhaltes in Höhe von 10.474,06 Euro zu Unrecht erbracht.
Nach § 40 Absatz 2 Nr. 5 SGB II L V. m. § 335 SGB III hat der Leistungsbezieher die zur
Kranken- und Pflegeversicherung erbrachten Beiträge zu erstatten, soweit die Entscheidung
über die Leistung rückwirkend aufgehoben und zurückgefordert worden ist und während
desselben Zeitraumes kein weiteres Versicherungsverhältnis in der Gesetzlichen Kranken und
Pflegeversicherung als Pflicht- oder freiwilliges Mitglied bestanden hat. Die nachrangige
Familienversicherung oder eine Privatversicherung ist kein weiteres Versicherungsverhältnis
in diesem Sinne.
Die für den Erstattungszeitraum gezahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe
von 1.252,94 Euro sind nach § 335 Absatz 1 SGB III zu ersetzen, weil die Beiträge zu
Unrecht gezahlt worden sind und ein weiteres Kranken-/Pflegepflichtversicherungsverhältnis
für den gleichen Zeitraum nicht bestanden hat.
Insgesamt ergibt sich somit ein Erstattungsbetrag in Höhe von 11.727,00 Euro.
Der Widerspruch konnte daher keinen Erfolg haben und musste als unbegründet zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 63 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X).
Rechtsbehelfsbelehrung"
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12.03.2024
Zahlungsaufforderung (11.727,00 €) W 1065/23
"nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens haben Sie einen Betrag in Höhe von 11.727,00 Euro zu erstatten."
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09.04.2024
Klage W 69/22
21.05.2024
Stellungnahme W 69/22
"Auf Grundlage der erbetenen Stellungnahme vom 03.05.2024 wird beantragt, der Klägerin umfangreiche Akteneinsicht in die Leistungs-, Vermittlungs-, OWi- und Widerspruchsaktenakten
im Jobcenter Iserlohn zu gewähren. Auch in die Verbis-Einträge ist vollumfänglich Akteneinsicht zu gewähren.
Zu dieser Akteneinsicht ist ein Beistand gem. § 25 SGB X zuzulassen.
Hilfsweise können drei Terminvorschläge genannt werden."
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19.01.2023
Akteneinsicht mit Einschränkungen
01.08.2024
Antrag auf Akteneinsicht
"Mit Schreiben an das Sozialgericht Dortmund vom 21.05.2024 haben Sie Akteneinsicht in die
Akten zum Ordnungswidrigkeitenverfahren beantragt.
Folgende drei Termine schlage Ich Ihnen zur Akteneinsicht in meinen Diensträumen vor
- Montag den 19.08 2024 um 09:00 Uhr
- Dienstag den 20.08.2024 um 09:00 Uhr
- Donnerstag 22.08.2024 um 09.00 Uhr
Bitte teilen Sie mir bis zum 16.08.2024 mit, welchen dieser Termine Sie wahrnehmen.
Darüber hinaus weise ich darauf hin, dass als Beistand in einem Verfahren nach dem QWIG
gemäß § 46 OWIG i.V. mit § 149 StPo nur Ehegatten oder Lebenspartner zugelassen sind."
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09.09.2024
gerichtliche Verfügung
12.12.2024
Erinnerung an die gerichtliche Verfügung vom 09.09.2024
"an die gerichtliche Verfügung vom 09.09.2024 wird erneut erinnert.
Um Erledigung innerhalb von vier Wochen wird gebeten. "
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