Kurze Einleitung Die Umweltprämie (Abwrackprämie) in Höhe von 2.500 Euro wurde im Jahr 2009 als staatliche Prämie unter der Voraussetzung gewährt, dass ein altes Kraftfahrzeug verschrottet und ein Neuwagen oder Jahreswagen zugelassen wurde. Als erste ALG II-Empfänger von diesem allgemein zugängigen Recht Gebrauch machten, reagierten einige ARGEn und Jobcenter sofort, indem Sie die Leistungen der Anspruchberechtigten empfindlich kürzten. Im vorliegend geschilderten Klagebeispiel setzte sich die Klägerin mit ihrem Anwalt erfolgreich vor dem LSG NRW durch. Während die 20. Kammer noch im Juli 2009 die Anrechnung der Abwrackprämie ausdrücklich billigte, folgte die 12. Kammer in ihrer Entscheidung am 01.04.2010 dem allgemeinen Trend der anderen Landessozialgerichte und bestätigte die Klägerin im Beschwerdeverfahren. 01.06.2011. Seit nunmehr 14 Monaten wartet die Klägerin auf die Rückerstattung ihrer Leistungen . . .
"Obwohl die Frist zur Beantragung der Umweltprämie bereits am 2. September 2009 ablief, weil an diesem Tag die bereitgestellten Fördermittel in Höhe von 5 Milliarden Euro durch die bis dahin gestellten Anträge ausgeschöpft waren, beschäftigt diese Subvention noch immer die Sozialgerichte. Das Meinungsspektrum zur Frage der Einkommensberücksichtigung der Umweltprämie bei gleichzeitigem Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ist vielfältig. Da lag es nahe, eine letztinstanzliche Klärung der sich stellenden Rechtsfragen durch das BSG zu erreichen. In zwei Fällen legte der jeweils unterlegene Grundsicherungsträger Sprungrevision ein (B 4 AS 8/10 R und B 4 AS 9/10 R). Zu einer Klärung in der mündlichen Verhandlung am 30. August 2010 vor dem 4. Senat des BSG kam es gleichwohl nicht, weil beide Revisionen vor dem Termin zurückgenommen worden sind." Quelle |
Gesetzestext:
§ 11 Zu berücksichtigendes Einkommen (Stand: 27.05.2010) (1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird. (2) Vom Einkommen sind abzusetzen [...] (3) Nicht als Einkommen sind zu berücksichtigen 1. Einnahmen, soweit sie als a) zweckbestimmte Einnahmen, b) Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären, 2. Entschädigungen, die wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, nach § 253 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geleistet werden. (3a) Abweichend von den Absätzen 1 bis 3 wird der Teil des Elterngeldes, der die nach § 10 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes anrechnungsfreien Beträge übersteigt, in voller Höhe berücksichtigt. (4) Abweichend von den Absätzen 1 bis 3 wird der Teil des Pflegegeldes nach dem Achten Buch, der für den erzieherischen Einsatz gewährt wird, 1. für das erste und zweite Pflegekind nicht, 2. für das dritte Pflegekind zu 75 vom Hundert, 3. für das vierte und jedes weitere Pflegekind in voller Höhe berücksichtigt. |
Chronologie | |
23.09.2009 | Im Bewilligungsbescheid wird auf die Anrechung der Umweltprämie hingewiesen. Dort heißt es: "Die im September 2009 erhaltene Umweltprämie in Höhe von 2500,00 EUR ist als Einkommen bei der Berechnung Ihrer Leistungen zu berücksichtigen. Es wird daher ab dem 01.10.2009 für einen Zeitraum von 12 Monaten ein sonstiges Einkommen in Höhe von 208,33 EUR (2500,00 EUR: 12 Monate) bei der Berechnung Ihrer Leistungen berücksichtigt." |
15.10.2009 | Widerspruch gegen die Anrechnung der Abwrackprämie |
06.11.2009 | Der Widerspruchsbescheid W 2313/09 besteht auf der Anrechnung der Abwrackprämie. |
04.12.2009 | Klage |
26.01.2010 | Widerspruch gegen Bewilligungsbescheid mit Anrechung der Umweltprämie |
17.03.2010 | Erwiderung ER |
01.04.2010 | Der Beschluss des SG Dortmund spricht sich für die Anrechnung aus. |
16.06.2010 | Im Beschwerdeverfahren L 12 AS 807/10 B ER wird dann die Anrechnung untersagt. . |
16.06.2010 | Beschluss L 12 AS 808/10 B . |
23.06.2010 | Die ARGE MK zeigt die Rückerstattung bereits einbehaltener Raten an - soweit sie im streitgegenständlichen Bescheid angegriffen wurden. Bevor die ersten Raten zurückerstattet werden müssen, ist zunächst ein Überprüfungsantrag und möglicherweise eine weiterer Widerspruch oder sogar eine weitere Klage erforderlich ist. |
23.07.2010 | In einer Presseerklärung des LSG NRW wird mitgeteilt: "Abwrackprämie" ist nicht auf Arbeitslosengeld II ("Hartz IV") anzurechnen. "Im Beschwerdeverfahren hatte sich eine 43-jährige alleinerziehende Mutter aus Iserlohn nach Anschaffung eines neuen Pkw im Wert von ca. 7.500,- EUR gegen eine bedarfsmindernde Anrechnung der ihr gewährten staatlichen Umweltprämie auf die ihr und ihren minderjährigen Kindern gewährten Grundsicherungsleistungen in Höhe von ca. 156,- EUR monatlich gewehrt. Das Sozialgericht Dortmund hatte den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes unter Bezugnahme auf eine frühere Entscheidung eines anderen - des 20. - Senats des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG NRW, Beschlüsse vom 03.07.2009 - L 20 B 59/09 AS ER und L 20 B 66/09 AS -) abgelehnt. Der 12. Senat des Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen beurteilte die Rechtsfrage jetzt anders, hob die Entscheidung des Sozialgerichts aus der ersten Instanz auf und gab dem Antrag der Iserlohnerin nunmehr statt." |
Urteile zum Thema:
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Infos zum Thema: |
![]() Presseberichte zum Thema: Abwrackprämie 2009-07-15 BILD Abwrackprämie wird von Hartz IV abgezogen . |
Fazit: Die ARGE MK verursachte durch das hartnäckig uneinsichtige Verhalten der Widerspruchstelle Folgekosten in Höhe von mehreren Einhundert € für die Steuerzahler.
Hier wird deutlich, warum die Kosten für Hartz IV tatsächlich explodieren. |