Persönliche Erfahrungen
mit der ARGE Märkischer Kreis

Thema: Bescheide

Wirksamkeit eines Bescheides

Verwaltungsamte in schriftlicher Form (Bescheide)
Schriftliche Verwaltungsakte werden als Bescheide bezeichnet.
Ein Verwaltungsakt ist gegenüber dem Antragsteller in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekanntgegeben worden ist (§ 37 SGB X). Er bleibt es, solange und soweit er nicht aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Regelungen zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.
Ein schriftlicher Verwaltungsakt gilt bei der Übermittlung durch die Post im Inland am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Diese Regelungen haben insbesondere dann Bedeutung, wenn der Empfänger mit dem Inhalt des Verwaltungsakts nicht einverstanden ist und den Verwaltungsakt daher mit dem Widerspruch anfechten will.
Der Verwaltungsakt enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung (nicht Rechtsmittelbelehrung), die den Empfänger darüber informiert, was er tun kann, wenn er mit dem Bescheidinhalt nicht einverstanden ist.
Im Allgemeinen sagt die Rechtsbehelfsbelehrung, dass gegen den Bescheid innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch bei dem Versicherungsträger, der den Bescheid erlassen hat, erhoben werden kann. Die Frist verlängert sich auf ein Jahr, wenn der Verwaltungsakt keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält.
aus Haufe SGB Office, 2005


''Wird der gegen einen Verwaltungsakt zulässige Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, ist der Verwaltungsakt für alle Beteiligten in der Sache bindend, also unanfechtbar (§ 77 SGG).''





Unter bestimmten Voraussetzuungen können fehlerhafte Bescheide per 'Eilantrag' bei dem zuständigen Sozialgericht angefochten werden. Das Gericht hat dann zu entscheiden, ob eine aufschiebende Wirkung angeordnet werden muss.


Ein Verwaltungsakt ist nach § 40 Abs. 1 SGB X nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Ohne Rücksicht auf das Vorliegen schwerwiegender Fehler ist ein Verwaltungsakt unter den in § 40 Abs. 2 SGB X aufgezeigten Regelungen nichtig. Ein nichtiger Verwaltungsakt ist daher rechtsunwirksam, d.h., er entfaltet keine rechtliche Wirkung (§ 39 Abs. 3 SGB X).



Voraussetzungen der Nichtigkeit
Die Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes setzt besonders schwerwiegende Fehler der Verwaltungsentscheidung voraus, die, wie es im Gesetz heißt, bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig sind (§ 40 Abs. 1 SGB X). Solche gravierenden Mängel kommen allerdings in der Praxis kaum vor.

Die Nichtigkeit des Verwaltungsakts setzt u.a. einen besonders schwerwiegenden Fehler voraus. Als schwerwiegende Fehler sind dabei Verstöße gegen formelle oder materielle Rechtsvorschriften möglich. Als besonders schwerwiegende Fehler werden u.a.
  • Verfahrensfehler
  • Verstoß gegen die Rechtsordnung und
  • widersprüchlicher, unsinniger oder unbestimmter Inhalt

angesehen. Die Offensichtlichkeit der Nichtigkeit des Verwaltungsakts ist nicht von der subjektiven Erkenntnis des Fehlers beim Empfänger abhängig, sondern von der Erkennbarkeit des Fehlers für den Durchschnittsbürger. Dieser muss ohne besondere Sachkenntnis oder zusätzliche Aufklärungs- oder Beweismittel anhand der Zusammenhänge erkennen können, dass die getroffene Entscheidung nicht rechtmäßig sein kann.

Weiterhin ist nach § 40 Abs. 2 SGB X ein Verwaltungsakt auch ohne die zuvor aufgezeigten Voraussetzungen nichtig,
  • - der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassene Behörde aber nicht erkennen lässt,
  • - der nach einer Rechtsvorschrift nur durch Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt,
  • - den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann,
  • - der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht,
  • - der gegen die guten Sitten verstößt.

§ 40 Abs. 3 SGB X zeigt zusätzlich auf, unter welchen Voraussetzungen etwaige Verfahrensmängel den Verwaltungsakt nicht nichtig werden lassen.

Bei einem nur teilweise nichtigen Verwaltungsakt ist dieser nur dann insgesamt nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.



Ein Bescheid ist grundsätzlich nichtig, wenn er
  • 1. rechtswidrig
  • 2. Fristen verletzt
  • 3. keine Rechtsfolgenbelehrung enthält
  • 4. schwerwiegende Fehler enthält
  • 5.
  • 6.
ist. Dies führt in der Regel zu einem 'Herstellungsanspruch' gegenüber der zuständigen Behörde.



zu 1. Rechtswidrige Bescheide sind bis zu vier Jahre rückwirkend aufzuheben. (Leitfaden Sozialhilfe, S. 152)
zu 4. SG Berlin, 12.01.2006, Az.: S 37 AS 11525/05 ER 06




1 Allgemeines
Rz. 2

Die Regelung entspricht mit Abweichungen § 44 VwVfG und § 125 AO. Während aus materiellen oder formellen Gründen rechtsfehlerhafte VA trotz ihrer Rechtswidrigkeit wirksam sind und in Bestandskraft erwachsen können, schließt die Nichtigkeit jede Wirksamkeit aus (§ 39 Abs. 3). Der nichtige VA enthält aber immer noch eine in Regelungsabsicht erlassene Entscheidung, die den Anschein eines wirksamen VA hervorruft. Der Nicht-VA, der weder von der Behörde in Regelungsabsicht erlassen noch von einer solchen stammt, ist dagegen weder geeignet, einen Rechtsschein zu begründen, noch kann dessen Nichtigkeit durch die Behörde festgestellt werden.

Rz. 3

Abs. 1 enthält als Generalklausel die Voraussetzungen für einen nichtigen VA. In Abs. 2 werden eigenständige absolute Nichtigkeitsgründe genannt, für die die Voraussetzungen nach Abs. 1 nicht mehr geprüft werden müssen. Abs. 3 benennt Verfahrensfehler, die als solche nicht zwingend zur Nichtigkeit führen, jedoch zusammen mit anderen Fehlern noch die Nichtigkeit nach Abs. 1 begründen können. Abs. 4 regelt die Folgen von Teilnichtigkeit. Mit Abs. 5 wird die Möglichkeit geschaffen, durch die Verwaltung die Nichtigkeit eines VA ausdrücklich festzustellen.



Die Heilung von Verfahrens- und Formfehlern

2.5 Feststellung der Nichtigkeit (Abs. 5)
Rz. 31

Die Nichtigkeit eines VA kann von der Behörde von Amts wegen jederzeit festgestellt werden. Auf Antrag des davon Betroffenen ist die Nichtigkeit festzustellen, wenn dieser daran ein berechtigtes Interesse hat. Entsprechend der in § 39 Abs. 3 für einen nichtigen VA angeordneten Wirkungslosigkeit kann formelle Bestandskraft nicht eintreten, so dass es keiner Einhaltung von Fristen für die behördliche Feststellung oder den Antrag bedarf.

Rz. 32

Ob die Entscheidung der Behörde über die Nichtigkeit eines VA selbst wieder VA ist, ist zweifelhaft (VA wird bejaht von Roos, in: v. Wulffen u.a., Kommentar SGB X, 4. Aufl., § 40 Rn. 23; Steinwedel, in: KassKomm, Stand: Mai 2003, § 40 Rn. 31). Die von der Behörde zu treffende Aussage beinhaltet lediglich die Feststellung der Nichtigkeit, jedoch keine auf Rechtsfolgen gerichtete Regelung mit Auswirkungen für den Betroffenen, so dass ein VA nicht vorliegt. Da der nichtige VA ohnehin unwirksam ist, ist mit dieser deklaratorischen Feststellung ebenso wenig eine Rechtswirkung verbunden, wie mit dem unwirksamen VA selbst. Die Nichtigkeit ist auch nur festzustellen, nicht jedoch der VA aufzuheben, dies dürfte auch für den Tenor einer gerichtlichen Entscheidung im Falle der gerichtlichen Feststellung der Nichtigkeit gelten.

Rz. 33

Ungeachtet der eigenen Befugnis zur Feststellung der Nichtigkeit ist die Behörde verpflichtet, auf Antrag und bei Nachweis eines berechtigten Interesses die Feststellung zu treffen. Das berechtigte Interesse, das rechtlich, wirtschaftlich oder ideell begründet werden kann, besteht in der Beseitigung des Rechtsscheins des noch existierenden Bescheides durch eine die Nichtigkeit feststellende Äußerung der Behörde.

Rz. 34

Entsprechend der Streitfrage nach dem Vorliegen eines VA ist auch streitig, ob die Bestätigung der Nichtigkeit selbst wiederum VA ist, der mit Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG, § 42 Abs. 1 VwGO) angegriffen werden kann und muss. Wird wie hier das Vorliegen eines VA verneint, ist die Nichtigkeitsfeststellungsklage (§ 55 Abs. 1 Nr. 4 SGG, § 43 Abs. 1 VwGO) zu erheben. Gegen die Annahme einer Entscheidung durch VA spricht insbesondere, dass es für ein Widerspruchsverfahren in diesem Fall an einem zu überprüfenden VA gerade fehlt, weil die Feststellung der Nichtigkeit selbst keine Regelung ist, die Nichtigkeit auch nicht durch einen VA zu regeln ist und nur der Rechtsschein einer Regelung des nichtigen VA beseitigt wird. Hierfür sprechen zudem nicht nur die eigenständige nicht frist- oder vorverfahrensgebundene Nichtigkeitsfeststellungsklage, sondern auch prozessökonomische Gründe, denn bereits bei der Anfechtungsklage müsste geprüft werden, ob eine Rechtsverletzung in der Feststellung der Nichtigkeit liegt, was verfahrensrechtlich die Feststellung der Nichtigkeit des VA voraussetzt, so dass auch gleich ein Feststellungsurteil erlassen werden kann und nicht erst der umständliche Weg über die Aufhebung des Ablehnungsbescheides mit einem Bescheidungsurteil gewählt werden muss (zur ähnlichen Problematik bei der Berichtigung vgl. Komm. § 38).

Rz. 35

Lehnt die Behörde die Feststellung der Nichtigkeit ab, gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Wollte man in diesen Fällen eine Entscheidung durch VA annehmen, der dann mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu ergehen hätte, ergäben sich hinsichtlich der Bindungswirkung einer solchen Entscheidung (formelle Bestandskraft, vgl. Komm. § 77 SGG) und der jederzeitigen nicht subsidiären Nichtigkeitsfeststellungsklage Abgrenzungsprobleme.

Rz. 36

Stellt die Behörde nach Abs. 5 die Nichtigkeit eines VA fest, obwohl dies nach § 40 nicht gegeben war, liegt in der Nichtigkeitsfeststellung zumindest konkludent die Aufhebung des Ausgangsbescheides, da die Behörde mit der Nichtigkeit zugleich auch die Unwirksamkeit des VA feststellt.