IFG Anfrage 034

Untersuchungen und Studien
zu den Auswirkungen
der Sanktionspraxis im SGB II







Mit der Einführung des SGB II wurde ein Anschlag auf die sozialen Sicherungssysteme in Deutschland ausgeübt, mit weitreichenden Konsequenzen, die sich noch nicht abschließend einschätzen lassen.

Messbare Ergebnisse "a-sozialer", also nicht auf das Gemeinwohl ausgelegter Arbeits- und Sozialpolitik sind eine zunehmende Umverteilung des Geldes, die explosionsartige Erweiterung prekäre Arbeitsverhältnisse in Zeitarbeit und geringfügiger Beschäftigung. Messbar sind auch die Entwicklungen in Kinder- und Familienarmut.

Mit der verschärften - und sehr häufig rechtsmissbräuchlichen Anwendung der Sanktionspraxis, findet inzwischen auch ein direkter Angriff auf die existenzielle Grundversorgung zumeist unwissender, rechtsunkundiger Bürger statt.
Dabei haben Einschüchterung und das Gefügigmachen von sozial Abhängigen für die Jobcenter oft höhere Priorität, als die kompetente Sachaufklärung und die eindringliche Verwarnung; also nicht Prävention, sondern das Bußgeld ist offensichtlich die begehrte Trophäe.


Rückmeldungen von Betroffenen, Sozialverbänden und Beratungsstellen warnen anhaltend vor den Folgen. Überschuldung, Räumungsklagen und Obdachlosigkeit, Energiesperren und "Sippenhaft", gehören genauso zu den zweifelhaften Erfolgen der Sanktionspraxis, wie Beschaffungskriminalität, aber auch Suizide. Eine besondere "Zielgruppe" für Sanktionen sind junge Menschen unter 25 Jahren, die Strafverfolgung macht aber auch vor Ungeborenen nicht halt, wenn die Mutter "nicht spurt".

Vor diesem Hintergrund muss es erlaubt sein, die Verantwortlichen nach fundierten und überzeugenden Argumenten zu fragen, die die "Vorteile" für die Erwerbslosen begründen können.





       weiterführende Infos zum Thema Sanktionen:





I. Gesetz

§ 31 SGB II Absenkung und Wegfall des Arbeitslosengeldes II

 
 
Stand: 21.03.2005
   § 31 Pflichtverletzungen,
   § 31a Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen,
   § 31b Beginn und Dauer der Minderung
   § 32 Meldeversäumnisse
Stand: 13.05.2011
(1) Das Arbeitslosengeld II wird unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 in einer ersten Stufe um 30 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn
1. der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert,
a) eine ihm angebotene Eingliederungsvereinbarung abzuschließen,
b) in der Eingliederungsvereinbarung festgelegte Pflichten zu erfüllen,
insbesondere in ausreichendem Umfang Eigenbemühungen nachzuweisen,
c) eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder Arbeitsgelegenheit aufzunehmen oder fortzuführen, oder
d) zumutbare Arbeit nach § 16 Abs. 3 Satz 2 auszuführen,
2. der erwerbsfähige Hilfebedürftige trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit abgebrochen oder Anlass für den Abbruch gegeben hat. Dies gilt nicht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige einen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweist.
(2) Kommt der erwerbsfähige Hilfebedürftige trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen einer Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihr zu melden oder bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, nicht nach und weist er keinen wichtigen Grund für sein Verhalten nach, wird das Arbeitslosengeld II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 in einer ersten Stufe um 10 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung abgesenkt.
(3) Bei wiederholter Pflichtverletzung nach Absatz 1 oder Absatz 2 wird das Arbeitslosengeld II zusätzlich um jeweils den Vomhundertsatz der nach § 20 maßgebenden Regelleistung gemindert, um den es in der ersten Stufe gemindert wurde. Hierbei können auch die Leistungen nach den §§ 21 bis 23 betroffen sein. Bei einer Minderung der Regelleistung um mehr als 30 vom Hundert kann der zuständige Träger in angemessenem Umfang ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen erbringen. Der zuständige Träger soll Leistungen nach Satz 3 erbringen, wenn der Hilfebedürftige mit minderjährigen Kindern in Bedarfsgemeinschaft lebt. Der erwerbsfähige Hilfebedürftige ist vorher über die Rechtsfolgen nach den Sätzen 1 bis 4 zu belehren.
(4) Die Absätze 1 und 3 gelten entsprechend
1. bei einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, der nach Vollendung des 18. Lebensjahres sein Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert hat, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Arbeitslosengeldes II herbeizuführen,
2. bei einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, der trotz Belehrung über die Rechtsfolgen sein unwirtschaftliches Verhalten fortsetzt,
3. bei einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen,
a) dessen Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit den Eintritt einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat oder
b) der die in dem Dritten Buch genannten Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit erfüllt, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.
(5) Bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die das 15. Lebensjahr, jedoch noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, wird das Arbeitslosengeld II unter den in den Absätzen 1 und 4 genannten Voraussetzungen auf die Leistungen nach § 22 beschränkt; die nach § 22 Abs. 1 angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung sollen an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden. Die Agentur für Arbeit soll Leistungen nach Absatz 3 Satz 3 an den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen erbringen. Der erwerbsfähige Hilfebedürftige ist vorher über die Rechtsfolgen nach den Sätzen 1 und 2 zu belehren.
(6) Absenkung und Wegfall treten mit Wirkung des Kalendermonats ein, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes, der die Absenkung oder den Wegfall der Leistung Ein Service der juris GmbH - www.juris.de - Seite 17 feststellt, folgt. Absenkung und Wegfall dauern drei Monate. Während der Absenkung oder des Wegfalls der Leistung besteht kein Anspruch auf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Vorschriften des Zwölften Buches. Über die Rechtsfolgen nach den Sätzen 1 bis 3 ist der erwerbsfähige Hilfebedürftige vorher zu belehren.






















(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis
1. sich weigern, in der Eingliederungsvereinbarung oder in dem diese ersetzenden Verwaltungsakt nach § 15 Absatz 1 Satz 6 festgelegte Pflichten zu erfüllen, insbesondere in ausreichendem Umfang Eigenbemühungen nachzuweisen,
2. sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit nach § 16d oder eine mit einem Beschäftigungszuschuss nach § 16e geförderte Arbeit aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3. eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben. Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.
(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn
1. sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Arbeitslosengeldes II herbeizuführen,
2. sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3. ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4. sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

§ 31a Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen
(1) Bei einer Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Arbeitslosengeld II in einer ersten Stufe um 30 Prozent des für die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs. Bei der ersten wiederholten Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Arbeitslosengeld II um 60 Prozent des für die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs. Bei jeder weiteren wiederholten Pflichtverletzung nach § 31 entfällt das Arbeitslosengeld II vollständig. Eine wiederholte Pflichtverletzung liegt nur vor, wenn bereits zuvor eine Minderung festgestellt wurde. Sie liegt nicht vor, wenn der Beginn des vorangegangenen Minderungszeitraums länger als ein Jahr zurückliegt. Erklären sich erwerbsfähige Leistungsberechtigte nachträglich bereit, ihren Pflichten nachzukommen, kann der zuständige Träger die Minderung der Leistungen nach Satz 3 ab diesem Zeitpunkt auf 60 Prozent des für sie nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs begrenzen.
(2) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist das Arbeitslosengeld II bei einer Pflichtverletzung nach § 31 auf die für die Bedarfe nach § 22 zu erbringenden Leistungen beschränkt. Bei wiederholter Pflichtverletzung nach § 31 entfällt das Arbeitslosengeld II vollständig. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend. Erklären sich erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nachträglich bereit, ihren Pflichten nachzukommen, kann der Träger unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles ab diesem Zeitpunkt wieder die für die Bedarfe nach § 22 zu erbringenden Leistungen gewähren.
(3) Bei einer Minderung des Arbeitslosengeldes II um mehr als 30 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs kann der Träger auf Antrag in angemessenem Umfang ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen erbringen. Der Träger hat Leistungen nach Satz 1 zu erbringen, wenn Leistungsberechtigte mit minderjährigen Kindern in einem Haushalt leben. Bei einer Minderung des Arbeitslosengeldes II um mindestens 60 Prozent des für den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs soll das Arbeitslosengeld II, soweit es für den Bedarf für Unterkunft und Heizung nach § 22 Absatz 1 erbracht wird, an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden.
(4) Für nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte gilt Absatz 1 und 3 bei Pflichtverletzungen nach § 31 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechend.

§ 31b Beginn und Dauer der Minderung
(1) Der Auszahlungsanspruch mindert sich mit Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, der die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung der Leistung feststellt. In den Fällen des § 31 Absatz 2 Nummer 3 tritt die Minderung mit Beginn der Sperrzeit oder mit dem Erlöschen des Anspruchs nach dem Dritten Buch ein. Der Minderungszeitraum beträgt drei Monate. Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, kann der Träger die Minderung des Auszahlungsanspruchs in Höhe der Bedarfe nach den §§ 20 und 21 unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auf sechs Wochen verkürzen. Die Feststellung der Minderung ist nur innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Pflichtverletzung zulässig.
(2) Während der Minderung des Auszahlungsanspruchs besteht kein Anspruch auf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Vorschriften des Zwölften Buches.

§ 32 Meldeversäumnisse
(1) Kommen Leistungsberechtigte trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis einer Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihm zu melden oder bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, nicht nach, mindert sich das Arbeitslosengeld II oder das Sozialgeld jeweils um 10 Prozent des für sie nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs. Dies gilt nicht, wenn Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.
(2) Die Minderung nach dieser Vorschrift tritt zu einer Minderung nach § 31a hinzu. § 31a Absatz 3 und § 31b gelten entsprechend.










II. Erste Anfrage



"Seit der Einführung des SGB II wurde die Sanktionspraxis des § 31 SGB II mehrfach verschärft.
Bei Recherchen im Internet lassen sich zwar einzelne Untersuchungen zu den Auswirkungen der Sanktionspraxis finden. Diese bescheinigen aber anscheinend ausnahmslos nur negative Wirkungen auf die Leistungsberechtigten.

Ich stelle hiermit Antrag auf Übersendung (z.B. pdf) sämtlicher Untersuchungen und Studien und/oder Nennung aller von BA und Regierung in Auftrag gegebenen Veröffentlichungen im Internet zu

  1. den Auswirkungen der Sanktionspraxis im SGB II auf Gesundheit und soziale Folgen für die betroffenen Leistungsberechtigten
  2. Auswirkungen auf die Verbesserung in der Zusammenarbeit zwischen Jobcentern und Leistungsberechtigten und den Integrationserfolgen durch Sanktionen
  3. zur Prüfung der verfassungskonformen Wahrung der Grundrechte (GG Art 1, 20, etc.)
  4. Kosten (Kosteneinsparung, Häufigkeit der verhängten Sanktionen)"


In der  
Antwort  wird u.a. ausgeführt:

"Zu Anträgen 1.) und 2.)
Ein Anspruch auf Informationszugang besteht hinsichtlich der Herausgabe von Untersuchungen und Studien zu den Themen "Auswirkungen der Sanktionspraxis auf die Gesundheit und soziale Folgen" sowie „Auswirkungen auf die Verbesserung in derZusammenarbeit zwischen Jobcentern und Leistungsberechtigten und den Integrationserfolgen durch Sanktionen" nicht, da das BMAS Untersuchungen oder Studien zu diesen Themen nicht in Auftrag gegeben hat. Da dem BMAS damit keine entsprechenden Studien vorliegen, ist es leider unmöglich, Ihnen die gewünschten Informationen zur Verfügung zu stellen.
"



Bei entsprechender Würdigung der Antwort muss festgehalten werden, dass die Verantwortlichen keinerlei fundierte Studien vorlegen können, die die Unbedenklichkeit der Sanktionspraxis zweifelsfrei belegen. Schlimmer noch, trotz wohlbegründeter Kritik und unabweisbarer Beweise aus der Sozialgerichtsbarkeit finden weiterhin massive Vorverurteilungen statt, die oft erst nach einem langen Klageweg aufgehoben werden.



Das widerlegen auch nicht die in der Antwort angeführten Texte:

Sanktionen im SGB II  - Unter dem Existenzminimum   von Susanne Götz, Wolfgang Ludwig-Mayerhofer und Franziska Schreyer (pdf, 8 S.) .

2011-08-23 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Gabriele Hiller-Ohm, Angelika Krüger-Leißner, Anette Kramme, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD   Drucksache 17/6833   . "Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts für Sanktionen bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende (§§ 31 bis 32 SGB II) und Leistungseinschränkungen bei der Sozialhilfe (§§ 26 und 39a SGB XII)"
(pdf, 24 S.)







III. Zweite Anfrage

Nach der ausweichenden Antwort wurde der Datenschutzbeauftrage des Bundes eingeschaltet.

Link zur    Anschreiben an BfDI






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